Die Markersdorfer Bauern und ihr Nachtwächter

Schon in alter Zeit hat man in unserem Dorfe einen gestrengen Hüter der öffentlichen Ordnung bestellt. Das war ein kleiner viereckiger Kerl mit einem kugelunden, knallroten Gesicht und einer ebenfalls kugelrunden aber knallblauen Nase. Unter dieser befanden sich ein paar wulstige Lippen die sich aus unerfindlichen Anlässen dauernd und und immer wütend bewegten. Darüber ein borstiges Bärtchen, eine sogenannte Zahnbürste deren Haare wie bei unserem alten Kater wieder gesträubt sind. Auf dem Kopfe hatte unserer biederer Alter nichts, sein Schädel glänzte wie ein Osterei und ließ nichts darauf deuten, dass es in diesem Punkte jemals anders bestellt war. Unser gestrenger Polizeidiener war der Schrecken aller Kinder und er hatte die ehrenvolle Aufgabe Nachts für seine lieben Nächsten zu wachen. Doch dafür erhielt er aus dem Gemeindesäckel ein paar dürre Pfennige und die Bauernschaft mußte ihn abwechseln verköstigen. Mit der Zeit nahm er es mit seinem Dienste nicht mehr so genau und manches passierte. Ja, unsere Bauern hätten ihn am liebsten gleich aus dem Dorfe gejagt, aber das war leichter gesagt als getan. An einem schönen Abendes kamen denn auch, wie ausgemacht worden war, eine stattliche Anzahl Bauern und Strumpfwirker, denen der Schalk öfters mal im Nacken saß, in der Dorfschenke zusammen um bei einem Glase Bier einen Plan zu fassen und der war nicht zu verachten. Wie wir ja alle wissen, befindet sich in der Nähe der heutigen Großerschen Kolonie, zwischen alten Weideköpfen und düsteren Erlen früher einmal ein Silberschacht. Es war um die Mitternachtsstunde, als sich die verschworenen Bösewichte aufmachten und links und rechts des schmalen, einsamen Pfades ein paar Pfähle ins Erdreich trieben. Dann spannten sie einen handfesten Strick von einem Stamm zum anderen, hingen darauf einen Strohmann, den sie in Pelz und Lumpen gekleidet hatten. Und ein altes Windlicht daran, dass sie ihn bequem über die Straße herüber und hinüberziehen konnten. Da, schon hörten sie seine Schritte, jetzt kommt der allgewaltige dahergestiefelt. Da tauchg auch schon aus den Büschen lautlos ein weißes etwas an dem eine große Laterne geisterhaft herunbaumelt, auf. Zunächst einmal war unser Held so verschlafen, das ihm der tolle Spuk nicht in die Augen fiel. Dann lief sein struppiger Köter, der sonst alles gleich verbellte, auf das rätselhafte etwas zu, um zugleich winselnd und mit eingeklemmten Schwanz, zurückzukommen. In dieser kritischen Lage fühlte sich unser Polizeigewaltiger trotz seines derben Knotstockes, den er drohend in der rechten schwang und seines Amtssäbels, durchaus nicht Herr der Lage. Deshalb sah er sich als vorsichtiger Mann den Teufelsspuk nur von weitem an. Da, schon wieder gleitet der weiße Klumpen lautlos über die Straße. War das ein Mensch, war das ein Tier ? Unserem braven Nachtschutzmanne lief es eiskalt über den Buckel, ihm zittern alle Gliedmaßen, schon kann er nicht mehr um Hilfe rufen, so schnürt ihm die maßlose Angst die Kehle zu. Gleich wird ihm schwindlig. Furchtbar hat ihn gewiss der Satansspuk mitgenommen, denn er hat die ganze Nacht kein Auge zugetan. Doch anmerken ließ er sich nichts. Als unser biederer Nachtschutzmann bei seiner nächsten Streife wieder an diesem verwunschenem Flecke vorüber sollte, begann der Teufelsspuk von neuem. Der Wächter aber erschien noch zu später Stunde ohne Mütze, atemlos in der Schenke. Natürlich nur um nach dem Rechten zu sehen und böse Zungen behaupteten später sie sei beim Erscheinen des Geistet heruntergefallen, als ihm alle Haare zu Berge standen. Doch das erscheint reichlich zweifelhaft, denn unser guter Alter hatte doch längst keine mehr. Am nächsen Morgen breichtete er knieschlotternd den neugierigen Dorfleuten, dass dort unten an der Chemnitz der Satan mit seinem höllischen Haufen schrecklich umgegangen sei und das er um seine Gesundheit zu schonen seinem anstrengendem Berufe nicht länger nachgehen könne. Was aus ihm später wurde weiß keiner mehr zu sagen.

Quelle: überliefert